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Tod und Neues Leben

Beiträge junger Erwachsener zur kulturellen Nachhaltigkeit
in Landgemeinden und Kleinstädten

Institut für kulturelle Infrastruktur Sachsen, in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bischofskonferenz, dem Bistum Görlitz, dem Bistum Dresden-Meißen und dem Bischof-Benno-Haus Schmochtitz

Website: https://www.todundneuesleben.de/
Projekte: https://www.todundneuesleben.de/projekte/

Abschlußkonferenz 13.12.2019

Tod-und-neues-Leben_Abschlußkonferenz 2019-12-13 PROGRAMM 191212

Das Vorhaben

Das Vorhaben griff zwei wesentliche Elemente des Kirchenjahres auf, die mit der Sinnsuche und Identitätssuche gerade der Jüngeren auch jenseits kirchlicher Kreise stark korrelieren: den November als Totenmonat und den Dezember als Advent – Tod und Neues Leben stehen im Zentrum des jeweiligen Doppelprojektes.

In knapp vier Dutzend Veranstaltungen realisierten im November und Dezember 2019 junge Erwachsene in Kirchgemeinden, Klostergemeinschaften oder ad-hoch-Gemeinschaften Doppelprojekte in einem Projektrahmen von durchschnittlich jeweils 4.500 Euro plus Investitionsmittel von 1.500 Euro. Ihre kulturellen Programme setzten sich mit Identitätsbehauptungen von jüngeren Erwachsenen (ca. 18-39 Jahre) in Landgemeinden und Kleinstädten auseinander.

Die Idee wurde musikalisch, bildkünstlerisch, literarisch, medial oder in einer Mischung der Kunstformen umgesetzt, als Theater, Ausstellung, Konzert, Lesung oder künstlerischem Workshop sowie in Kooperation mit Buchhandlungen, Künstlern, lokalen Museen; häufig unter Einbindung von Professionellen bzw. Diversitätserfahrenen aus den umliegenden Mittel- und Großstädten, um so den Urbanitätsaspekt zu stärken.

Eine Vielzahl der Projekte wirkte mit Künstlern und Partnern aus der afrikanischen Diaspora in Deutschland zusammen und griff damit unter den Stichworten kulturelle Nachhaltigkeit bzw. kulturelle Diversität eine zentrale Herausforderung der bundesdeutschen Gesellschaft auf: das in den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen geforderte und von der Bundesregierung mitbeschlossene Ziel der „Einen Welt“. Konkret die vom Freistaat Sachsen derzeit avisierte Zusammenarbeit mit Subsahara-Afrika. Dieses kann (auch) zu den Themen Tod und Neues Leben Bemerkenswertes beitragen.

Zum Begriff der Kulturellen Nachhaltigkeit

Kultur ist ein lebenslanger Prozess, in dem eine jede und ein jeder Mündigkeit erlangt. Um Verantwortung übernehmen zu können für sich und für andere. Kern der Kultur ist die dynamische Übertragung von Werten, Normen und Verhaltensregeln von einer Generation auf die nächste. Was gestern richtig erschien, kann morgen ein Fehler sein. Wertewandel, Transformationsbewältigung und Bildung sind als Einheit zu sehen.

Begriff und Praxis der „Nachhaltigkeit“ wurden in Sachsen erfunden (Carlowitz 1713). Mit den Sustainable Development Goals, den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen für 2030, hat sich nun auch die Weltgemeinschaft ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Jedes Land und jeder Bürger soll ihren und seinen persönlichen Beitrag leisten. Für eine Abkehr von der Ressourcenplünderung. Für Gerechtigkeit zwischen der heutigen und den kommenden Generationen. Für ein neues Denken in der „Einen Welt“. Dies ist nicht utopisch, sondern notwendig. Die kulturelle Nachhaltigkeit ist die vierte Säule des globalen Ringens um die Bewohnbarkeit unseres Planeten. Dies erfordert einen grundsätzlichen Bewußtseinswandel. Nur so können wir den Erhalt der sozialen, der ökonomischen, der ökologischen Sphäre gewährleisten.

Hintergrund

Das Vorhaben widmete sich dem adapted creative development als zentralem Problem der kleineren Gemeinden im Landkreisraum, den Subjektkonstruktionen und Wertepositionen, Alteritätskonstruktionen und Identitätsbehauptungen von jüngeren Erwachsenen (ca. 18-39 Jahre) in Landgemeinden und Kleinstädten.

In den 291 (plus 3 unechten) Landkreisen der Bundesrepublik Deutschland sind rund 70 % der Bevölkerung ansässig; in deren Landgemeinden und Kleinstädten rund 50 %. Während die Medien-, akademischen, Verwaltungs-, politischen und Migranten-Eliten auf die Metropolstädte größer 500.000 Einwohner fokussieren (die lediglich 16% der deutschen Bevölkerung umfassen) und auf deren spezifische Befindlichkeiten, bilden evangelische und katholische Kirche den Gesamtraum der deutschen Bevölkerung flächendeckend ab.

Seit der Aufnahme der Geflüchteten und Vertriebenen post 1945 geschieht dies überwiegend in konfessionell heterogenen Räumen sowie inzwischen, aufgrund der Altersstrukturen, mit einem gewissen Prä in jenen Landgemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern und Kleinstädten zwischen 5.000 und 20.000 Einwohnern, denen die Aufmerksamkeit des Vorhabens gilt.

Die Maßnahme zielte auf eine spezifische Form der Raumgerechtigkeit. Auf die subjektive Überzeugung junger Erwachsener nämlich, in Kleinstädten und Landgemeinden (gegenüber Großstädten) nicht nur gleichwertige Lebensverhältnisse, sondern durch die besonderen Interaktionspotentiale in ländlichen Räumen partiell höherwertige Lebensverhältnisse selbst gestalten zu können. Von besonderem Interesse war wieweit sich bei den von Jüngeren konzipierten Teilprojekten die ambivalente Rolle gerade der katholischen Kirche bei deren Forderung nach heterogenen, interkulturellen und geschlechtergerechten Freiräumen spiegeln wird. Insofern kam der Maßnahme auch erhebliche binnenkirchenpolitische Bedeutung zu. Die Maßnahme ging von folgenden Prämissen aus;

  1. Partizipativer bottom-up-Ansatz: es gab keine zentral organisierte Vorgabe, da das Vorhaben strikt den kulturellen Bedürfnissen der Menschen vor Ort ausgerichtet ist, sondern eine Einladung an jüngere Erwachsene in katholischen Gemeinden, sich mit konkreten Doppelvorhaben zu beteiligen und diese selbst auszuarbeiten je nach den lokalen Möglichkeiten. Ziel war auch die Unterstützung von Kooperationen mit dem Kulturbereich, dies können Kulturzentren, Buchhandlungen, Heimatvereine oder lokale Museen bzw. auswärtige Akteure.
  2. Die Einladung beschränkte sich auf zwei exemplarische Gebiete: (1) Landgemeinden und Kleinstädte im Bistum Görlitz als kleinstem und strukturschwächstem unter den deutschen Bistümern in den beiden Ländern Brandenburg und Sachsen; von besonderem Interesse werden die Gebiete mit einer Bevölkerungsdichte mit weniger als 50 E/km² sein, da hier die Modernitätsrealisierung junger Erwachsener vor besondere Herausforderungen gestellt ist; (2) Landgemeinden und Kleinstädte im Ostteil des Bistums Dresden-Meißen rund um das sorbische Siedlungsgebiet Schmochtitz.
  3. Die katholische Kirche unterhält – anders als die evangelischen Schwestern und Brüder – kein zentrales Kulturbüro und hält dementsprechend keine Vorratsprojekte abrufbar, vielmehr müssen nun junge Katholiken selbst diese nun konzipieren und organisieren. Dies wiederum hatte den besonderen Vorteil, daß sich die Maßnahme – eine stringente Planung, Koordination und ex-ante-Evaluation vorausgesetzt – punktgenau einer spezifischen Fragestellung, eben dem adapted creative development, widmen und damit ein kohärentes Gesamtbild auch mit Blick auf künftige Fördermaßnahmen erarbeiten konnte. Die Maßnahme wurde koordiniert durch das Institut für kulturelle Infrastruktur Sachsen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bischofskonferenz, dem Bistum Görlitz, dem Bistum Dresden-Meißen und dem Bischof-Benno-Haus Schmochtitz sowie der Professur Kulturpolitik der Hochschule Zittau/Görlitz. Die Einrichtungen arbeiten ex ante eine Evaluierung aus und erstellen gemeinsam eine Projektdokumentation on-line und print, um die Erkenntnisse für spätere Projekte verfügbar zu machen.

Ziele

Zielstellung der Maßnahme war zunächst die Einleitung eines Prozesses, der einerseits schon länger geplante Projektideen von Jüngeren in den betreffenden Gemeinden für Kooperationen im kulturellen Bereich zu realisieren hilft, andererseits für jedes Projekt ein Investitionsvolumen von zusätzlichen 1.500 EUR vorsieht, das es den Initiativen ermöglichen soll, den Projektgedanken aus eigenen Kräften in den kommenden Jahren fortzuführen – säen, um auch künftig zu ernten.

Ein zentraler Beurteilungspunkt für die einzureichenden Anträge war die Nachhaltigkeit: inwiefern wurden künftige Kooperationen mit in den Blick genommen?

Zweck der Maßnahme war bzw. ist ein Erfahrungsgewinn, um in einem größeren Maßstab quer durch die Bundesrepublik und deren Landkreisräume ein größeres Vorhaben entwickeln zu können, das sich auf die Evaluierung der Maßnahme stützen und einen Beitrag zur Diversitätsgewinnung in den Landgemeinden leisten kann.