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Jan Sokol                     (1936 – 2021)

Das Institut für kulturelle Infrastruktur Sachsen und die Brückepreisgesellschaft Görlitz trauern um Jan Sokol. Er wurde am 18. April 1936 in Prag geboren und war seit 1961 mit Františka, geborene Patočková, verheiratet, der Tochter des Philosophen Jan Patočka. Am 16. Februar 2021 ist er im Alter von 84 Jahren verstorben.

Klarheit des Gedankens, der unbedingte Wille zu Aufrichtigkeit und zum Dialog bei größtmöglicher persönlicher Bescheidenheit, eine gelebte christliche Ethik charakterisierten den Philosophen Jan Sokol. Über viele Jahre war er Görlitz aktiv verbunden, als stellvertretender Vorsitzender des Institutsbeirats und als Mitglied der Brückepreisgesellschaft. Hier in Görlitz, sagte er einmal, habe er jene unter seinen Vorträgen und Aufsätzen konzipiert, die am weitesten rezipiert worden seien. Wir werden ihn als Mensch, als Freund und als geistigen Weggefährten vermissen wie kaum einen anderen.

Vgl. seinen Bericht unter http://www.jansokol.cz/2014/03/1968-1977-1989-aus-einer-tschechischen-sicht/

Sein Lebensweg führte ihn vom Dissidenten, dem das Studium verweigert wurde, so daß er als Goldschmied und später als Informatiker tätig wurde, über die Unterzeichnung der Charta 77 und schließlich, nach der Samtenen Revolution, zum Abgeordneten des Občanské fórum OF und Parlaments-Vizepräsidenten 1990, Bildungsminister 1998 und Präsidentschaftskandidat der bürgerlichen Koalition 2003.

Ab 1991 lehrte er Philosophie, Anthropologie und Religion an der Fakultät für Erziehungswissenschaften und Philosophie der Charles University, während er noch mitten im Nachholen seines Studiums war. 1993 verteidigte er seine Diplomarbeit „Der Mensch und die Welt mit den Augen der Bibel“. 1994 erhielt er den Titel eines CSc. (Kandidat der Wissenschaft, entspricht Dr. phil) für die Arbeit „Meister Eckhart und die mittelalterliche Mystik“, 1995 den Titel eines Doktors für die Arbeit „Kleine Philosophie des Menschen“. 1997 wurde er zum außerordentlichen Professor für Philosophie mit einer Habilitation zum Thema: „Zeit und Rhythmus“ ernannt, 2000 zum ordentlichen Professor für Philosophie der Bildung. In den Jahren 2000-2007 wirkte er als Dekan der von ihm neugegründeten Fakultät für Geisteswissenschaften der Karls-Universität. Bis ins hohe Alter reiste er fast wöchentlich durchs Land und hielt Vorträge insbesondere auch an Schulen, während die Welt ihn ehrte als Senior Fellow an der Harvard University (2008/09), als Commandeur der Légion d’honneur der franzsöischen Republik, als Mitglied des tschechischen PEN-Clubs.

2015  hielt Jan Sokol  (hier im Gespräch mit Pfarrer Norbert Joklitschke) einen Vortrag, dessen Thema 2021 fast noch relevanter wäre: Apokalyptik – alt und neu. Wann und warum brauchen die Menschen erschreckende Vorstellungen? Er schloß seinen Vortrag mit dem Satz: „Der Mensch lebt also immer zwischen der Sicherheit einer Apokalypse und einer Hoffnung auf Erlösung. Künstlich Ausgedrückt: Zwischen dem Gericht und dem Reich Gottes. Das ist etwas worauf wir uns gar nicht besonders freuen dürfen, aber auch nicht nur ängstlich sein sollten.“

Jan Sokol

Zur Biographie und zu den Büchern von Jan Sokol siehe seine Homepage: http://www.jansokol.cz/category/deutsch/, dort unter anderem http://www.jansokol.cz/2014/03/peripherie-und-grenze/

Zu einigen Dokumenten siehe auch https://www.memoryofnations.eu/en/sokol-jan-1936